Ausstellung | Schloss Clemenswerth 2016

Katharina John, Fotografien, Fotografin, Schloss Clemenswerth
Schloss Clemenswerth · Foto © MWJ

Fotografien von Katharina John

Backstage, Reisen und Portraits

Schloss Clemenswerth | 10.09 - 30.10.2016



Katharina John, Fotografien, Fotografin, Schloss Clemenswerth
Eröffnung Ulrich Waller · Foto © MWJ
Katharina John, Fotografien, Fotografin, Schloss Clemenswerth
Katharina John und Ulrich Tukur · Foto © MWJ

Eröffnungsrede

Ulrich Waller

Direktion / künstlerische Leitung · St. Pauli Theater Hamburg


Liebe Katharina, liebe Freunde, meine sehr verehrten Damen und Herren,

über die Fotografin Katharina John ist ja schon ausführlich gesprochen worden, lassen Sie mich deshalb zunächst über ihre anderen Talente reden. Denn Katharina John hat viele Talente.

Sie ist nicht nur eine empathische Gastgeberin, sondern kann, hochprofessionell organisiert, und dabei absolut originell, auf exklusiven Touren, betuchten Fremden ihre Wahlheimat Venedig näherbringen. Darüber hinaus ist eine begeisterte, sehr qualifizierte, vielen Spuren von regionalen Küchen nachgehende Köchin. Sie ist außerdem eine mit sehr viel Geschmack versehene Inneneinrichterin für neu gestaltete Häuser in der Stadt und auf dem Land. Dazu kommt eine kompetente, kluge und zupackende Lebensplanerin, nicht nur für sich selbst. Und sie ist, daß sei hier nicht verschwiegen, weil selten bei Frauen, absolut trinkfest.

Ich habe sie kennengelernt 1992, im Spätsommer, also vor ziemlich genau 24 Jahren als aufstrebende Bühnenbildassistentin bei der ersten Produktion, die ich mit ihrem späteren Mann machen konnte, Ulrich Tukur. Da konnte man diese Vielfachbegabung noch nicht einmal ansatzweise ahnen.

Ich erinnere sie, bewaffnet mit einem jugendlichen Pferdeschwanz als ungemein fleißig, selten zufrieden mit sich und dem Stand der Arbeit, immer überlegend, wie man für dieses und jenes Problem noch eine bessere, perfektere Lösung finden könnte.

Ulrich Tukur spielte in dieser von uns selbst geschriebenen und produzierten Revue einen Frauenmörder, der sich ein ganzes Damenorchester, inklusive Sängerin zusammen mordet: „Blaubart`s Orchester“ hieß das Werk, das Uli und mich, und am Ende auch Katharina und Uli zusammenbrachte, die sich von seinem mörderischen Charme nicht abgestoßen, sondern irgendwie angezogen fühlte. Auffällig auch, daß sie damals nicht viel sprach. Sie machte lieber. Sie arbeitete nicht nur fürs Bühnenbild, sondern fuhr auch noch die Vorstellung, ja kümmerte sich eigentlich um alles.

Aber auch mit so vielen Talenten - oder auch vielleicht gerade deswegen -, wenn sich Entscheidungsprozesse hinziehen, kann ein Leben in die Krise geraten. So war es auch bei Katharina. Und in dieser Situation hat sie eine Reise gemacht, ganz weit nach Süden nach Teneriffa zu einem Mann, den sie aus der Arbeit gut kannte und der auch viele Talente hat, zu dem Bühnenbildner, Bildhauer, Regisseur und lebensklugen Poeten Götz Löpelmann, ohne den Katharina heute nicht das wäre, was sie geworden ist und wir alle heute nicht hier wären.

Götz hörte ihr geduldig zu und dann machte er etwas, was Folgen haben sollte: Er drückte ihr eine Kamera in die Hand und schickte sie los. 'Finde raus, was Dich interessiert und setze es ins Bild. Finde Dein Thema. Und danach setzen wir uns zusammen und schauen die Bilder an und reden darüber.'

Wir befanden uns in den letzten Jahren des alten Jahrtausends noch beileibe nicht im Zeitalter der Digitalkameras, Filme mußten damals noch entwickelt und abgezogen werden, alles Prozesse, die Zeit brauchen und erzwingen, daß sich auch erste Eindrücke erstmal setzen müssen. Auch heute noch, das sei am Rande vermerkt meidet Katharina John die digitalen Formen ihrer Kunst.

Und Katharina ist losgegangen, runter in die kleine Stadt unterhalb von Löpelmanns verwinkelter Casa und fotografierte und am nächsten Tag wieder und wollte gar nicht mehr aufhören. Sie hatte ihr Thema gefunden: Menschen. Und sie hatte eine Form gefunden, in der sie sich ausdrücken konnte. Und es war, als habe der Blick durch die Linse, auch ihr eigenes Leben neu fokussiert. Ein Jahr später fiel die Entscheidung von Hamburg nach Venedig zu gehen. Und diese Stadt und ihre Menschen hat sie sich nicht nur durch ihre immense Sprachbegabung – ein Talent, das ich vorher in meiner kleinen Aufzählung vergessen hatte, zu erwähnen-, sondern auch durch den Sucher ihrer Kamera erobert. Venedig war für sie quasi die Schule des Sehens. In Venedig wurde sie zur Fotografin. Viele Bilder heute abend legen davon Zeugnis ab.

Die Dinge, auf die sich Katharina John stürzt, ob das nun eine fremde Stadt oder ein fremdes Land ist, ein noch nie gekochtes Gericht, eine noch nicht beherrschte Kunst, will sie durchdringen, sich zu eigen machen. Und das macht sie mit sehr viel Fleiß, sehr viel Ausdauer und eben auch sehr viel Talent.

Dabei ist sie im besten Sinne eine Autodidaktin, wie übrigens viele große Fotografen vor ihr. Eine angebotene Ausbildung hat sie nie machen wollen. Sie vertraut ganz auf ihre Intuition. Und sie arbeitet fast nie mit künstlichem Licht. Über die Jahre hat sie ihr Talent in ein raffiniertes und äußerst kunstvolles Handwerk verwandelt und ist zu einer leidenschaftlichen und dabei vielschichtigen Künstlerin gereift.

Wenn sie mit ihrer Kamera dabei ist, ob auf Proben zu einem Stück oder auch draußen im Leben, nimmt man sie kaum wahr. Man fühlt sich nicht beobachtet, das ergibt oft einen besonderen Ausdruck. Ich erinnere mich noch eine ganz besondere Recherche in Shanghai, als wir zusammen mit meiner Frau Dania ein Karaoke-Haus betraten. In China gibt es für diese Art der Unterhaltung ganze mehrstöckige Häuser mit Räumen für 5-150 Personen und schon auf dem ersten Gang gingen rechts und links die Türen auf und die Menschen wollten diese Fremden unbedingt zu sich bitten. Erst wurden Schnapsflaschen geordert, mit europäischen Markenetiketten versehene Imitate, bei denen man immer ein bißchen Angst hat, daß man nach ihrem Genuß blind wird. Und dann wurde gesungen. Und natürlich mußten auch wir singen. Meine Frau kannte viele Popsongs und war gleich akzeptiert, aber auch ich sollte singen und fand Gott sei Dank eine englische Version von Mackie Messer, durch die ich irgendwie durchkam. Die einzige, die nicht gefragt wurde, war Katharina, die die ganze Zeit dabei war, aber quasi unsichtbar hinter ihrer Kamera.

Ulrich Tukur, mit dem sie seit vielen Jahren ihr Leben teilt, hat ihr Werk einmal so beschrieben: 'Es sind die unverstellten, magischen Momente, die einen Blick ins Innere des Menschen ermöglichen und ihn in seiner eigentlichen Schönheit, seiner Verletzlichkeit und Verlorenheit zeigen und den poetischen Bezug herstellen zu seinem Platz in der Welt.'

Ich freue mich und bin auch ein bißchen stolz, daß die Kunst der Katharina John durch diese Ausstellung gewürdigt wird.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.



Katharina John, Fotografien, Fotografin, Schloss Clemenswerth
Gäste zur Ausstellungseröffnung · Foto © MWJ
Katharina John, Fotografien, Fotografin, Schloss Clemenswerth
Musik zur Ausstellungseröffnung · Foto © MWJ
Katharina John, Fotografien, Fotografin, Schloss Clemenswerth
Ulrich Tukur und die Rhythmus Boys · Foto © MWJ
Katharina John, Fotografien, Fotografin, Schloss Clemenswerth
In der Ausstellung · Foto © MWJ
Katharina John, Fotografien, Fotografin, Schloss Clemenswerth
Aufbau der Ausstellung · Foto © MWJ
Katharina John, Fotografien, Fotografin, Schloss Clemenswerth
Aufbau der Ausstellung · Foto © MWJ
Katharina John, Fotografien, Fotografin, Schloss Clemenswerth
In der Ausstellung · Foto © KJ
Video © MWJ · 2016 | Text und Sprecher © Ulrich Tukur · 2016

Backstage, Reisen und Portraits

Fotografien von Katharina John

Video © KJ · 2016

Unterwegs

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